Mitten in der Besprechung klingelt das Telefon: „Ich habe Ihre Tasche gefunden!“ Meine Tasche? Die hatte ich noch gar nicht vermisst. In meiner Vorstellung war alles in Ordnung, gut weggeräumt – aber bei näherem Hinsehen auf meine Siebensachen fehlte die Tasche tatsächlich. Die entscheidende Tasche, die von meiner Mutter, mit dem Geldbeutel, den Ausweisen und Bankkarten. Und mit dem kleinen Weihnachtsengel, den ich gerade im Weltladen erstanden hatte. So ein Schreck, noch jetzt im Nachhinein, selbst abgemildert durch das Wissen, dass die Tasche ja gefunden wurde! Nicht auszudenken…
Der nette Herr am Telefon erklärt mir, wo er die Tasche auf der Straße gefunden hat, und dass er zu Hause dann erst meinen Namen (mit Hilfe der Ausweise) und dann noch eine Telefonnummer (mit Hilfe der einschlägigen Internet-Suche) herausgefunden hatte. Ob er vielleicht schnell mit dem Rad kommen und mir die Tasche bringen solle, wo ich doch auf der Arbeit sei und wahrscheinlich nicht wegkönne? Oh ja, danke, das wäre sooo nett….!
Nach der Besprechung ist die Tasche da. Nichts fehlt.
Vielleicht werde ich diesem freundlichen Menschen, dem ich unbekannterweise so dankbar bin, irgendwann in der Stadt begegnen, ohne es zu wissen. Ich würde auf ihn zulaufen, ihm die Hand schütteln, ihm strahlend „DANKE“ sagen. Aber da ich ihn nicht kenne, nehme ich mir vor, einfach alle Menschen anzulächeln, denen ich begegne. Vielleicht ist er ja dabei, könnte doch sein...
Bistum Würzburg
Dr. Ursula Silber
Pastoraltheologin und Rektorin des Martinushauses in Aschaffenburg