Wer hatte sie als Kind nicht: die Angst vor dem Zahnarzt oder die Angst, alleine im Dunkeln einzuschlafen? Auch wenn wir solche Erinnerungen heute mit einem Schmunzeln quittieren, müssen wir selbst als Erwachsene immer wieder feststellen, dass Angst und Furcht ein Teil unseres Lebens sind. Wir kennen sie alle: einerseits die vielen kleinen Ängste, mit denen wir tagtäglich zu kämpfen haben und die sich still und heimlich in das Leben schleichen; andererseits die großen Ängste, die unangemeldet und plötzlich über uns hereinbrechen und unsere gesamte Existenz bedrohen. Angst und Furcht gehören wohl, wie Hunger und Durst, zum Dasein des Menschen dazu.
„Fürchte dich nicht!“ Über 300-mal ist dieser Satz in der Bibel zu finden, gerade in den Schriftstellen der Advents- und Weihnachtszeit! Da sagt der Engel Gabriel zu Maria: „Fürchte dich nicht!“ Und kurze Zeit später ruft der Engel des Herrn nicht nur den Hirten auf dem Feld, sondern auch uns zu: „Fürchtet euch nicht!“
Auch nach gut 2000 Jahren hat dieser Aufruf nichts von seiner Aktualität verloren. Angst wird mitunter als eine „Wurzelsünde der modernen Gesellschaft“ bezeichnet. Haben Angst und Sünde tatsächlich etwas gemeinsam?
Die Angst, etwas nicht zu schaffen, etwas nicht gut genug zu machen, kann Menschen klein machen und niederdrücken. Oft genug nimmt eine solche Angst den Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Wer sich aber nichts zutraut, dessen Begabungen kommen nicht zur Entfaltung und verkümmern.
Oder wie oft verhindert die Angst, das Gesicht zu verlieren, ein offenes und aufrichtiges Gespräch zwischen zwei Menschen?
Und wie viele glauben nur, was sie sehen und begreifen können, aus Angst, von Gott enttäuscht zu werden?
„Fürchte dich nicht… denn du hast bei Gott Gnade gefunden.“, sagt der Engel Gabriel zu Maria. „Fürchtet euch nicht, denn… heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren“, ruft der Engel den Hirten auf dem Feld zu. Immer wieder hören wir den Aufruf zur Furchtlosigkeit verbunden mit der Zusage der Nähe Gottes. Bei Gott gibt es keine Angst mehr. In seiner Nähe haben Angst und Furcht keine Bedeutung mehr. Wo jemand seine Angst verliert, ist Gott ganz nahe. Den ersten Schritt zur Überwindung unserer Lebensangst tut Gott.
Das Licht einer Kerze kann die Dunkelheit eines Raums nicht völlig vertreiben. Doch wer auf das Licht der Kerze schaut, über den hat die Dunkelheit keine Macht mehr. An Weihnachten sind wir aufgerufen, quasi einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und auf das Licht zu schauen, das in die Welt kam.
Wir dürfen darauf vertrauen, dass auch uns die Zusage aus dem Buch Jesaja gilt: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir. Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen. Denn ich, der Herr, bin dein Gott, ich, der Heilige Israels, bin dein Retter.“ (Jes 43, 1b – 3a)
Bistum Passau
Monika Winter
Mitarbeiterin in der Telefonseelsorge im Bistum Passau