Immer wenn ich in die Arbeit gehe, komme ich an einem Bettler vorbei, seit zwei Jahren schon. Er sitzt immer an derselben Stelle auf einer Decke mit einem Pappschild in der Hand. Er grüßt freundlich, wahrscheinlich auch, weil ich nie an ihm vorbeilaufe, ohne ihm einen guten Morgen zu wünschen.
Ja, er ist mir sympathisch, sein Lächeln, seine freundliche Art, mir einen schönen Tag zu wünschen, egal, ob ich stehen bleibe und ihm etwas Geld gebe oder nicht. Für mich hat sich das zu einer Art Ritual entwickelt, einen Moment, auf den ich mich freue, und ich habe immer etwas Kleingeld dabei, um es ihm zu geben.
Natürlich weiß ich nicht, ob er mit einer organisierten Bettlerbande verbunden ist, aber ehrlich gesagt ist es mir auch gleich. Die freundliche Begrüßung, das Lächeln und die guten Wünsche für einen schönen Tag sind es mir wert. Und wenn ich feststelle, welche positiven Gefühle das in mir auslöst, wünsche ich mir jedes Mal, dass ich auch jemanden durch ein Lächeln und einen guten Wunsch besser in seinen Tag starten lassen kann.
Maria Ertl, Redakteurin in der Radioredaktion des Sankt Michaelsbunds
Erzbistum München-Freising