Wir singen im Advent oft das Lied „Wir sagen euch an“, 2. Strophe: „So nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan“. Auf meine Frage, was das denn bedeute, antwortete meine Tochter, damals 10 Jahre alt, „dass man im Advent eins nach dem anderen tun soll und nicht immer so hektisch.“
So hat der Text dieser Strophe für mich mehrere Bedeutungen bekommen: Sich umeinander annehmen, im bayrisch-österreichischen „eins ums andere“ – ein Menschenkind solle sich um das andere kümmern. Dabei ist „sich annehmen“ für mich weiter gefasst als „sich kümmern“. Es meint, Interesse zeigen, andere wahrnehmen in ihren Sorgen, Nöten und Freuden. Es meint dabeibleiben, miteinander aushalten, auch füreinander beten. Und natürlich meint es auch die tatkräftige Hilfe.
Hinzugekommen ist für mich die Erklärung meiner Tochter: Im Advent, wo oft so viele Aufgaben anstehen, eines nach dem anderen tun, das Wichtigste zuerst. Da stellt sich die Frage: Was ist denn jetzt das Wichtigste?
Im Lied heißt es weiter: „… wie auch der Herr an uns getan“. Jesus nimmt sich um die Menschen an. Das Wichtigste ist für ihn der Mensch, der gerade vor ihm steht, der Mensch, der leidet, der sucht oder ihm eine Frage stellt.
Und immer wieder finden sich in den Evangelien Momente, wo das Wichtigste für Jesus seine Verbindung zu Gott ist, wir sagen: er betet.
Bei meiner Überlegung: „Was ist jetzt das Wichtigste?“ komme ich immer wieder auf den Gedanken: Erstmal kurz vor die Türe gehen, durchatmen und Gott bitten: „Gib mir die richtigen Worte“ oder einen Moment innehalten und Gott um seinen Beistand bitten für einen Menschen, an den ich gerade denke, oder am Abend auf den Tag zurückschauen und alles, was mir begegnet ist, in Gottes Hand legen.
Daran denke ich, wenn wir singen „so nehmet euch eins um das andere an“ – und das finde ich ein gutes Programm für den Advent.
Bistum Passau
Brigitta Neckermann-Lipp
Exerzitienreferentin im Bistum Passau