Mein besonderer Moment hat sich bei meinem letzten Besuch im Altenheim kurz vor dem Advent ereignet:
Geplant war eine Gesprächsrunde um 10 Uhr. Diesmal war ich nicht vorbereitet und hatte kein gutes Gefühl. Deshalb begann ich mit Smalltalk. Also das Übliche: „Wie geht's Ihnen? Gut geschlafen?“
An diesem Tag waren einige zum ersten Mal bei dieser Runde. So auch Frank, der uns nur seinen Vornamen verriet, ein großer Mann mit einer sehr lauten Stimme: „Was machen wir heute?“ - seine Ungeduld war spürbar im Raum.
„Frank, wo kommen Sie her? Wo sind Sie aufgewachsen?“ Gleich habe ich versucht, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Die Antwort kam prompt und laut „Fürth! Vacher Straße!“ Und dann noch einmal „Fürth! Vacher Straße!“. Da konnte ich gleich anknüpfen: „Ach ja, da kenne ich mich aus, habe drei Jahre in Mannhof gewohnt, das ist ja nicht weit! Da hat es aber in ihrer Kindheit alles anders ausgeschaut!“
Plötzlich sah man ein sanftes Lächeln in seinen Augen. Seine Stimme ist ruhiger geworden: „Ja, das war so schön damals: ich habe da alle Nachbarn und Nachbarskinder gekannt. Wir haben so viel draußen gespielt. Es gab nicht so viele Autos wie heute“. Ich und wahrscheinlich alle anwesenden haben sich in diesem Moment die schönen Sommerabende von damals und den großen Frank als kleinen Buben, der unbekümmert und glücklich mit anderen herumgetobt ist, vorgestellt.
Auf einmal haben auch die anderen Anwesenden angefangen zu erzählen: von ihrem Spielhof, von Nachbarskindern, von den eigenen Eltern, von einer anderen schönen Zeit, in der man noch alles vor sich hatte und einfach Kind war. Ein Zauber lag in der Luft!
„Macht hoch die Tür“ – in diesem Augenblick hatte ich den Eindruck, dass eine Tür aufgegangen ist. Und ich konnte nichts dafür. Ich war ja nicht vorbereitet!
Erzbistum Bamberg
Richard Cholewa
Pastoralreferent im Seelsorgebereich Auerbach-Pegnitz, Dekanatsreferent in den Dekanaten Erlangen und Fürth