Eine interessante Übung für Schauspielschüler ist das Warten! Da wird dann auf der Bühne auf den Bus gewartet, auf die heimliche Geliebte, auf Essen oder auf dringende Post. Der Fehler, den die meisten machen, ist, dass sie zunächst in wilden Aktionismus verfallen. Sie gehen auf und ab, sehen immer wieder auf die Uhr, blicken aus dem Fenster. Erst nach und nach lassen sie das zu, was Warten eigentlich ist. Keine Tätigkeit, sondern ein Gefühl. Das Gefühl, dass etwas fehlt, was erst noch kommen muss. Ein Gefühl, das nur in mir selbst stattfindet. Und das sich darüber hinaus nicht teilen lässt, weil es sich für jeden anders anfühlt. Das macht das Warten mitunter unangenehm. Man empfindet vielleicht eine Leere, weil das zu Erwartende eben nicht da ist. Wie umgehen damit? Natürlich kann ich versuchen, diese Leere zu füllen mit diversen Aktivitäten oder Handyspielen, jetzt im Advent auch mit Christkindlsmärkten und Weihnachtsfeiern. Eine spannendere Option wäre allerdings, das Warten auch mal auszuhalten, allein mit mir, und so dem nachzufühlen, was es ist, was da fehlt, was da kommen soll und worauf ich wirklich im Herzen warte.
Erzbistum München und Freising
Carolin Engel
Redakteurin in der Radioredaktion des Sankt Michelsbundes