Die Dunkelheit draußen macht vielen Menschen zu schaffen. Das Aufstehen fällt mir schwerer in der dunklen Jahreszeit! Umso mehr freue ich mich über die unzähligen Lichter, die in diesen Wochen in den Straßen, Wohnungen und Gärten gegen die Dunkelheit anleuchten. Was auch helfen kann, ist ein Tag Sonnenschein zwischendurch, vielleicht sogar ein Ausflug auf einen Berg mit weiter Sicht. Es scheint so, als könnte man die Sonne innerlich speichern – wie ein inneres Licht. So ein inneres Licht braucht man öfters – nicht nur im Winter, sondern auch in Momenten, die mich ratlos machen, an die Grenze bringen.
So ein inneres Licht muss kein Scheinwerfer sein, es genügt eigentlich auch ein „Lichtblick“. Manche kleinen Lichter, die in der Dunkelheit helfen, würde man bei strahlendem Sonnenschein sogar nicht einmal bemerken. In einer großen Stadt gibt es nachts so viel Licht, dass man kaum Sterne entdecken kann. Erst am Land draußen, wo es nachts wirklich finster ist, sieht man Sternbilder, die Milchstraße und ganz winzige Sterne, manchmal auch Sternschnuppen. Hat möglicherweise die Dunkelheit auch eine besondere Bedeutung? Weil ich in ihr erst etwas entdecke, was mir sonst verborgen geblieben wäre?
Mich beeindruckt eine Pflanze, die in dieser Zeit vielfach zu sehen ist: der Weihnachtsstern. Er ist für mich mehr als eine Dekoration. In südlichen Ländern wachsen unsere Weihnachtssterne wie große Büsche auf der Straße. Aber da sucht man vergeblich nach roten Blütenblättern. Die entstehen nur, wenn die Pflanze viel Dunkelheit erlebt, kräftiges Sonnenlicht lässt dagegen nur grüne Blätter wachsen. Im Herbst regen die längeren Nächte die Blütenbildung an. In unseren Regionen hilft man noch ein bisschen nach und stellt in der Entwicklungszeit schon am frühen Nachmittag einen Eimer darüber oder legt schwarze Folien über die Gewächse, dann werden die oberen Blätter rot. Die Dunkelheit also als eine Art Entwicklungshilfe?
In den Weihnachtserzählungen ist auch von einem Stern die Rede, der in der Dunkelheit aufgeht und zum Wegweiser für eine neue Perspektive im Leben wird. Um ihn zu sehen, muss es dunkel sein, brauchen die Sterndeuter eine Sehnsucht, also zunächst einen Mangel. Daraus wird etwas ganz Großes, Wunderbares. Andere Bilder unterstreichen das. Der Spross aus der trockenen Wurzel zum Beispiel (Jes 11,10), das Volk in der Finsternis, das ein helles Licht sieht (Jes 9,1) – und nicht zuletzt ein Kind, wo eigentlich keines zu erwarten ist. Mir ist, als würde jede dieser alten Geschichten ein kleines Licht in meinem Leben anzünden, so dass es schrittweise heller wird – wie von Woche zu Woche am Adventskranz – damit ich mit meinen Sorgen und Nöten leben und umgehen lerne. Die Bibel ist davon überzeugt, dass Gott selbst für diese Erhellung im Leben sorgt:
Ja, du lässt meine Leuchte erstrahlen, der Herr, mein Gott, macht meine Finsternis hell. Ja, mit dir überrenne ich Scharen, mit meinem Gott überspringe ich Mauern. (Ps 18,29f)
Weihnachten selbst nimmt nicht alle Schwierigkeiten und Herausforderungen aus dem Leben weg. Aber diese Tage helfen zu sehen, dass in dunklen Momenten wieder ein Lichtblick auftaucht, dass in der Dunkelheit etwas Schönes zu blühen beginnen kann.
Bistum Regensburg
Dr. Christoph Seidl
Pfarrer, Leiter der Fachstelle für Berufe im Gesundheitswesen der Diözese Regensburg