Fast automatisch bewegen sich meine Arme und Beine in einem gleichmäßigen Tempo - Richtung Santiago de Compostela: Schritt für Schritt. Durch Weinberge, schmale Dorfgassen, schöne Landschaften ziehen immer wieder vorüber. Hier und da verweile ich, bleibe hängen, beiße mich fest.
Unterbrochen von einem immerwährenden Wunsch: buen camino (guter Weg). Es sind nur zwei Wörter, die der Pilger immer wieder hört und selbst nach vielen Kilometern und körperlicher Anstrengung noch aussprechen kann. Buen camino wird zur besonderen Grußformel auf dem Pilgerweg wie "Hallo" oder "Servus", nur viel inhaltsreicher, universaler, freundschaftlicher.
Wer wünscht sich nicht einen guten und glücklichen Weg für sein Leben, seine Angehörigen, für alle Menschen auf der Welt?!
Es ist ein besonderer Weg, mein ganz persönlicher Weg nach Santiago de Compostela; ein herausfordernder Weg der Einkehr, des Friedens und der Verbundenheit mit vielen Menschen.
EINER kam vor 2000. ER sagte "Ich bin der Weg." Und Viele folgten ihm auf diesem Weg - bis heute.
Der Weg entsteht im Gehen. Freilich, ohne Blessuren und Schrammen geht es nicht auf diesem Weg: Äußere Wunden und innere Verwundungen werden spürbar, sie schmerzen. Doch der Weg vermag neue Perspektiven zu eröffnen und tröstende Worte zu sagen, so dass eine Ahnung spürbar wird, was Heilung, Verwandlung, Erlösung bedeutet.
Es ist gute Tradition, in Santiago de Compostela angekommen, noch nach Finisterre - ans Ende der Welt - aufzubrechen. Hoch über den Klippen ragt ein besonderes Kreuz. Menschen haben Gegenstände niedergelegt: Halstücher, Schuhe, Fotos, Briefe, Muscheln u .v. m. Sie erzählen Geschichten, ich nenne sie "Tränengeschichten."
All eure Sorgen werft auf ihn, denn er wird für euch sorgen (1 Petrus 5.7).
BUEN CAMINO!
Stefan Fleischmann
Leitender Pfarrer des Seelsorgebereichs Hofer Land
Erzbistum Bamberg