Versprecher kennt man aus Funk und Fernsehen, Verhörer seit Axel Hackes wunderbarem „Wumbaba“-Buch auch. Doch gibt es offenbar auch Verleser. Einer ist mir gerade passiert.
In einer Stadt in Mittelfranken hat vor einigen Wochen ein neuer Bäcker die Geschäfte eines angestammten Betriebs übernommen. Interessiert schaue ich ins Fenster seines „ersten Hauses am Platze“ und bleibe an einem kleinen Plakat hängen. Es bewirbt die Filiale ein paar Straßen weiter. Sie nennt sich jetzt „Vortragsladen“ und gleich danach steht etwas von gesunder Ernährung. Aha, Vorträge über gesunde Ernährung. Bewusstseinsbildung aus profundem Munde. Es handelt sich um einen Bio-Bäcker, das passt, denke ich und male mir das Szenario aus: In der Filiale wird gesunde Ernährung (Essen) mit Vorträgen zum Thema kombiniert.
Doch irgendetwas lässt mich stutzen und ich schaue noch einmal hin. Meine Güte, es heißt nicht „Vortragsladen“, sondern „Vortagsladen“! Also wohl das, was ich später im Internet auch über einige Betriebe in anderen Orten sehe: Backwaren vom Vortag – einerseits zum ermäßigten Preis und um andererseits nichts, was noch gut und frisch ist, wegtun zu müssen.
Gesunde und bewusste Ernährung zugleich … Im Advent werden nun wieder die Texte der biblischen Propheten erklingen. Die Verheißungen Jesajas haben schon seit jeher Eindruck gemacht. Sie sprechen von einer erneuerten, ja vollendeten Welt und inspirieren dazu, bereits heute darauf zuzugehen, einige Schritte in diese Richtung zu versuchen. Der Vortagsladen kann sich da, finde ich, gut einreihen. Aber natürlich wäre auch ein Vortragsladen nicht schlecht gewesen.
Erzbistum Bamberg
Domkapitular Prof. Dr. Elmar Koziel
Leiter der Stabsstellte Ökumene und interreligiöser Dialog / Hochschulen, Rektor der Bildungs- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen